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Fluch der Inflation – so dramatisch schrumpft das Vermögen der Deutschen

Quelle: picture alliance / Zoonar
Jahrelang sind die Finanzvermögen hierzulande gewachsen. Doch nun ist die Inflation stärker. Zinssparern droht ein herberKaufkraftverlust – und auch Aktionäre und Immobilienbesitzer sind nicht sicher. Nur eine Anlageklasse sticht jetzt positiv heraus.

Das Jahr 2022 wird nicht nur deutschen Verbrauchern als Jahr der Extreme in Erinnerung bleiben so stark wie derzeit sind die Preise für Energie und Nahrungsmittel seit Dekaden nicht mehr gestiegen. Auch für Sparer bringt 2022 einen Umbruch.

Jahrelang konnten sich Anleger darauf verlassen, dass ihr Vermögen wuchs: Aktien, Investmentfonds, Immobilien, Sammelgüter wie vonZauberhand schien alles immer mehr wert zu werden. Zwar schwankten die Preise der Vermögenswerte, vor allem die Aktienkurse an derBörse, doch Jahr für Jahr wies die Statistik der Deutschen Bundesbank neue Vermögensrekorde aus.

Diese Erfolgsserie scheint nun zu reißen, insbesondere wenn das reale Vermögen betrachtet wird, also das Vermögen nach Abzug der Inflation.

Noch 2021 hatten die Bundesbürger ihre Ersparnisse auf insgesamt 7618 Milliarden Euro steigern können. Damit war das Finanzvermögen auf Zwölfmonatssicht um starke 8,5 Prozent geklettert, deutlich stärker als das allgemeine Preisniveau, das sich in dem Jahr um 3,1 Prozenterhöhte.

Doch schon im ersten Quartal 2022 hat sich die Situation von Sparern und Vorsorgesparern rapide verschlechtert. Zum einen liegt das daran, dass die Teuerung stark zugenommen hat. Schon im März lagen die Lebenshaltungskosten fast vier Prozent höher als Ende 2021. Zugleich konnten Finanzanlagen keine Rendite mehr abwerfen, die die Geldentwertung ausgleichen.

Konjunktursorgen belasten die Börse zusätzlich

Bei Sparbuch und Tagesgeld ist das schon länger so: Zinsen so es sie denn noch gibt liegen meilenweit unterhalb der Inflationsrate. Neu ist, dass nun auch Börsenpapiere den Kampf gegen die Inflation verlieren. Als Folge des russischen Überfalls auf die Ukraine und der darauffolgenden Energiekrise sind die Kurse abgesackt. Dazu gesellen sich nun auch Konjunktursorgen, die die Börse weiter belasten.

„Das alte Muster scheint gebrochen zu sein“, sagt Pablo Duarte, Ökonom beim Flossbach von Storch Research Institute. Schon 2021 sei die vormals eher moderate Inflation deutlich angezogen. Doch 2022 ist noch weitaus mehr Geldentwertung zu erwarten.

Darauf deuten unter anderem die Erzeugerpreise hin. Gerade erst hat das Statistische Bundesamt gemeldet, dass sich in Deutschlandproduzierte Güter im April zum Vorjahr um 33,5 Prozent verteuert haben. Das war der stärkste Anstieg seit dem Jahr 1949.

Die Erzeugerpreise von heute haben einen starken Einfluss auf die Verbraucherpreise von morgen. Zumal das Gros der Unternehmen beabsichtigt, die Preissteigerungen an die Kunden weiterzugeben. Die meisten Wirtschaftsforschungsinstitute gehen inzwischen davon aus, dass die Inflation in Deutschland 2022 im Jahresdurchschnitt bei sechs bis sieben Prozent liegen wird.

Finanzinvestments verstärken den Vermögensschwund

Eine derart hohe Geldentwertung bedeutet, dass Vermögen real entwertet wird. Besonders hart trifft das Halter von Sparbüchern, Sparbriefen und Lebensversicherungen , deren Verzinsung seit nahezu einem Jahrzehnt eher sinkt als steigt und schon lange keinen Inflationsausgleich mehr schafft. Empfindlich getroffen sind nun aber auch Aktionäre.

Noch 2021 war das Aktienvermögen der Bundesbürger laut Bundesbank um insgesamt beachtliche 29 Prozent gewachsen (auf 545 MilliardenEuro) durch Neuinvestments und Kursgewinne. Aber zumindest Letztere haben sich jetzt ins Gegenteil verkehrt.

Der Deutsche Aktienindex (Dax ) stand zuletzt rund zwölf Prozent niedriger als Ende vergangenenJahres, internationale Aktien lagen in Euro gemessen ungefähr gleich stark im Minus. Damit kehren sich die Vorzeichen der vergangenen Jahre um: Finanzinvestments wirken dem Vermögensschwund nicht mehr entgegen, sondern verstärken ihn. Zumindest kurzfristig.

Selbst die Betriebsvermögen der privaten Haushalte geraten in den Abwärtsstrudel. Betriebsvermögen, das sind in erster Linie unternehmerische Beteiligungen, die dank des starken deutschen Mittelstands für den Wohlstand der Bundesrepublik insgesamt große Bedeutung haben.

Sachwerte halten sich noch stabil

Nach Berechnungen des Instituts ist der Wert der Betriebsvermögen im Besitz privater Haushalte auf Jahressicht um knapp neun Prozentgesunken. „Während der sich anbahnende wirtschaftliche Aufschwung letztes Jahr zunächst dafür sorgte, dass Betriebsanteile sich verteuerten, fielen die Preise sowohl im letzten Quartal 2021 als auch im ersten Quartal 2022 deutlich“, sagt Duarte.

Grund dafür sind die unklaren Aussichten nach dem russischen Überfall auf die Ukraine am 24. Februar und alle Unwägbarkeiten, die mit den steigenden Kosten einhergehen: „Auch die im Zuge der Pandemiebekämpfung in China verhängten Lockdowns sind für deutsche Betriebe inForm von Verzögerungen in den Lieferketten spürbar.“

Die einzigen Vermögenswerte, die der Abwärtsstrudel noch nicht erfasst hat, sind Sachwerte. Tatsächlich haben sich Immobilien im ersten Quartal 2022 erneut deutlich verteuert, laut Flossbach von Storch lagen die Preise im Durchschnitt gut zehn Prozent höher als ein Jahr zuvor.

Da die Europäische Zentralbank (EZB) für den kommenden Sommer Zinserhöhungen angekündigt hat und sich die Konditionen für Hypothekenkredite inDeutschland bereits verschlechtert haben, rechnen Marktkenner damit, dass in Zukunft auch die Preise für Häuser und Wohnungen unter Druck geraten.

Starke Preisanstiege für kostbare Weine

Auch andere Sachwerte zeigen sich preislich robust, zumindest bisher. Langlebige Verbrauchsgüter waren zuletzt 6,6 Prozent teurer als vorJahresfrist. In diese Kategorie fallen nicht zuletzt Gebrauchsfahrzeuge, die im ersten Quartal 2022 gut acht Prozent mehr kosteten als im ersten Quartal 2021.

Noch stärker ist der Preisauftrieb bei den Sammel- und Spekulationsgütern. Besonders starke Anstiege vermelden die Experten für kostbareWeine, deren Preise Anfang 2022 fast 28 Prozent höher lagen als zwölf Monate zuvor, und für Kunstobjekte sowie historische Automobile, die im Durchschnitt für ein Fünftel mehr den Besitzer wechselten als vor Jahresfrist.

„Die Entwicklung ist Resultat des wirtschaftlichen Aufschwungs und der Nachfrage nach wertvollen Gütern seitens vermögender Haushalte als Wertanlage oder Inflationsschutz“, sagt Duarte. Ein Einfluss des Krieges und der Lockdowns in China sei in diesen Märkten noch nicht abzulesen. Starke Zuwächse oberhalb von 40 Prozent verzeichnen die Experten für die Kategorie sonstiges Finanzvermögen, wozu sie vor allem Gold und Rohstoffe zählen.

Doch nur eine kleine Zahl von Bundesbürgern hat ihr Vermögen zu nennenswerten Teilen in Sammel- und Spekulationsgütern oderRohstoffen investiert. Betrachtet man das Finanzvermögen, entfällt das Gros auf Bargeld und Sichteinlagen bei Banken.

Aussicht auf steigende Leitzinsen lässt Kurse fallen

Mangels Zinsen setzt sich hier die Entwertung ungehindert fort, 2022 hat sie sich sogar beschleunigt. Das trifft vor allem Bargeld undBankguthaben. Von den 7618 Milliarden Euro Geldvermögen entfallen allein 3005 Milliarden darauf, also fast 40 Prozent. Anders als Aktien, die zumindest die Chance auf Kursgewinne bergen, sind Bargeld und Guthaben dem Kaufkraftschwund ungeschützt ausgeliefert.

Der Finanzexperte Daniel Franke hat ausgerechnet, wie viel die Geldentwertung Zinssparer in Deutschland 2022 kosten wird. „Nach jetzigemStand werden sich die Kaufkraftverluste auf mehr als 162 Milliarden Euro belaufen“, sagt Franke, der das Portal Tagesgeldvergleich.net betreibt. In absoluten Zahlen wäre das der größte reale Schwund, den Zinssparer hierzulande wohl jemals zu verkraften hatten.

Insgesamt ist das aktuelle ökonomische Umfeld von manchen Stagflation genannt Gift für den Vermögensaufbau. Krieg und Materialmangel führen zusteigenden Preise, die die Volkswirtschaft umso härter treffen, weil die Zentralbanken die Geldmenge in den Vorjahren massiv ausgeweitet haben. Diese Ausweitung der Geldmenge sollte die Konjunktur und das Finanzwesen stabilisieren, trieb aber vor allem die Vermögenspreise in immer neue Höhen.

Die jetzige Hochinflation im April verzeichneten die Statistiker für Deutschland hohe 7,4 Prozent lässt der EZB aber keine andere Wahl, als den Leitzins zu erhöhen. Die amerikanische Federal Reserve und die Bank von England habenden Schalter bereits früher umgelegt und betreiben seit Monaten eine restriktivere Geldpolitik.

„Die Aussicht steigender Leitzinsen lässt sowohl die Kurse von Anleihen als auch die von Aktien fallen“, sagt Franke. Während die Verbraucherpreise also noch steigen und Geld damit an Kaufkraft verliert werden finanzielle Vermögenswerte weniger wert. „Bei Anleihen ist das so, weil neue Papiere mit höheren Zinsen notieren, woraufhin bestehende Anleihen im Kurs sinken, bis ihre Rendite der der neuen Papiere entspricht“, erklärt derFinanzexperte.

Am Aktienmarkt wiederum gibt es starke sich selbst verstärkende Effekte. Nach jahrelanger Rallye, die von der Billiggeldpolitik derNotenbanken getrieben wurde, herrscht nun Pessimismus. Privatanleger stehen erstmals seit Langem auf der Verkäuferseite und haben allein in den USA im April mehr als 40 Milliarden Dollar aus den beliebten Indexfonds ETFs abgezogen. Nach extrem guten Jahren müssenInvestoren zunehmend mit dem Gegenteil rechnen.

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